Chronik des Cthulhu-Mythos 2 by H.P. Lovecroft

Chronik des Cthulhu-Mythos 2 by H.P. Lovecroft

Autor:H.P. Lovecroft [Lovecroft, H.P.]
Die sprache: deu
Format: epub


Vorwort zu »Träume im Hexenhaus« (The Dreams in the Witch House)

Im Februar 1932 schrieb Lovecraft eine neue Erzählung, der er zuerst den Titel ›The Dreams of Walter Gilman‹ gab. Im Juli 1933 erschien sie unter ihrem jetzigen Titel (aber mit einem Bindestrich zwischen Witch und House, den Lovecraft nicht wollte) in Weird Tales. August Derleth hatte die Publikation vermittelt (für die Lovecraft 140 $ erhielt), denn der Autor selbst war noch zu sehr von der Ablehnung von ›At the Mountains of Madness‹ verletzt, als dass er selbst neue Versuche beim Herausgeber Farnsworth Wright gemacht hätte.

Steven Mariconda nannte diese Erzählung »Lovecraft’s magnificent failure«, und man kann nicht umhin zu sehen, dass er hier sozusagen zuviel wollte. Daher werden viele Themen angeschnitten, die blinde Gleise bleiben (was sollen zum Beispiel die kegelförmigen Außerirdischen aus ›At the Mountains of Madness‹ in Gilmans Träumen?). Dennoch ist ›The Dreams in the Witch House‹ ein innovativer und für die unheimliche Literatur zukunftsweisender Text geworden – und zwar wegen Lovecrafts kreativem Umgang mit Klischees. Die Magie des Hexenglaubens wird mit Spekulationen Riemannscher (nichteuklidischer) Geometrie verbunden (die durch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie allgemein bekannt geworden waren). Überhaupt ergänzen sich Naturwissenschaft (vor allem Physik) und die Traditionen des Hexenwesens zu einem Gemisch schrecklicher Offenbarungen und latenter Möglichkeiten, die Lovecraft in weitausholenden Andeutungen suggeriert. Die Interpretation, welche die uralte Idee der Sphärenharmonie findet (also das Geräusch der Planeten auf ihren Bahnen nach mittelalterlichem und schon antikem Denken), ist eine durchaus geniale Verfremdung: sie wird zu einem kosmischen »Hintergrundrhythmus« mit grauenvoller Bedeutung. Die eher schlichte Horrorstory, die den Rahmen für solche Innovationen und Interpretationen abgibt, kann diesen visionären Elementen aber nicht gerecht werden, und enttäuscht daher in manchem.

In keiner Erzählung Lovecrafts spielt das Thema Hexenwesen eine ähnlich starke Rolle. Dazu sind ein paar Bemerkungen erforderlich. Lovecrafts Gesamtsicht ist stark Margaret Alice Murray (1863–1963) verpflichtet, deren Buch ›The Witch-Cult in Western Europe‹ (Oxford 1921) eine der von ihm am häufigsten genannten Quellen ist. Alle moderne Wicca-Esoterik und alle (nicht minder moderne) feministische Mythologie muss hier ferngehalten werden. »Hexerei« ist in der folgenden Erzählung eine zutiefst böse Angelegenheit, wenn sie auch Kontakt zu verborgenen magischen Traditionen besitzt. Es muss kaum mehr darauf hingewiesen werden, dass dies für Lovecraft ausschließlich ein literarisches, d. h. imaginatives Motiv war. Seine Briefe machen über jeden Zweifel klar, dass er nicht an Hexerei in einem alten oder neuen Sinn geglaubt hat. Insofern steht die Verknüpfung von Magie und Naturwissenschaft ganz auf der Seite der literarischen Fantasie, nicht des philosophischen Weltbildes. In einem genialen Handstreich identifiziert Lovecraft den »schwarzen Mann« des (vor allem britischen) Hexenglaubens mit seinem Nyarlathotep (der dann, in wieder ganz anderer Gestalt, auch in ›The Haunter of the Dark‹ eine wesentliche Rolle spielt). Der »Schwarze Mann« des Hexenglaubens hat überhaupt die merkwürdigsten Metamorphosen durchlebt; nach einer unter Folkloristen beliebten Theorie ist er auch das Urbild der geheimnisvollen »Men in Black«, die in so vielen UFO-Geschichten auftreten.

Eine rätselhafte »Anziehung« durch einen Stern (die zu Levitationserscheinungen führt) ist Gegenstand der Erzählung ›Penelope‹ von Vincent Starrett, die in Weird Tales Mai 1923 erschien und in dem Band ›The Moon Terror‹ von A.



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